Berichte aus der LAST

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Berichte aus der LAST (Landesaufname Stelle für Flüchtlinge)

Heute Nacht hat es gewittert. Die Bewohner der Zeltstadt sollen evakuiert werden.
Es besteht die Möglichkeit, dass ein Blitz ins Zelt einschlägt.
Es regnet doch, ich will jetzt nicht raus.
Ich komme gerade aus dem Krieg, da war die Wahrscheinlichkeit deutlich höher
von einer Bombe getroffen zu werden, als von einem Blitz.
'Sie müssen trotzdem das Zelt verlassen.'
Und wenn nicht?
Gibt es nicht.
Warum nicht?
Weil ich sonst ins Gefängnis komme.

.....

Die Zeltstadt in der LAST wächst rasant weiter, sie hat ihre eigene Kleiderkammer,
und Zelte für die Essens- und Materialausgabe. Bunte Kinderzelte werden aufgebaut. Gestern ist sogar das erste Baby auf die Welt gekommen. Es fehlt aber an Betten.
Das Innenministerium fragt nach bei der amerikanischen und französischen Armee.
Das medizinische Zelt bekommt noch eins dazu.

Eine Frau kommt auf uns zu. Sie ist vielleicht Anfang Mitte fünfzig, aber sie sieht viel älter aus. Sie ist eine Bewohnerin der Zeltstadt. Eine der Ureinwohnerinnen der LAST.

Ich dachte Sie können die LAST bald verlassen?
Ich habe 18 Jahre drauf gewartet.
Sie können froh sein, dass es geklappt hat.
18 Jahre.
Und sie ist weiter gelaufen.

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In der Beratung, ein Künstler mit Psychose.
Er sagt: Weißt du Freud hatte unrecht.
Warum?
Als er von Trieben gesprochen hat. Weißt du, welcher unser stärkster Trieb ist?
Welcher? Die Liebe.

Musaab Al-Tuwaijari
Autor, aus dem Irak geflohen, arbeitet zurzeit als psychologischer Berater in der LAST